FVMI Titelbild
 
 
  EU-Emissionshandelssystem wird ausgeweitet

Die EU hat eine Novellierung ihrer Emissionshandelsrichtlinie beschlossen. Damit wird ein neues EU-Emissionshandelssystem für Gebäude, Straßenverkehr und zusätzliche Sektoren eingeführt. Das europäischen ETS II-System wird das nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022) ablösen.


EU-Emissionshandelssystem wird ausgeweitetDie Dekarbonisierung der Wirtschaft zählt zu den wichtigsten Bestrebungen der Europäischen Union. Dabei gilt das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) als zentrales Instrument zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Dieses funktioniert wie ein CO2-Markt, auf dem Unternehmen in energieintensiven Industriezweigen und der Energieproduktion Zertifikate für ihren CO2-Ausstoß erwerben müssen. Damit sollen Anreize für den Umstieg auf klimaneutrale Produktionsweisen geschaffen werden. Seit der Einführung des Emissionshandels 2005 konnte der CO2-Ausstoß in der EU bereits um 41 % reduziert werden.

Fit-for-55-Paket bringt Novellierung des EU-Emissionshandels
Mit dem Fit-for-55-Paket hat die EU eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um die CO2-Emissionen noch stärker zu senken. Zielwert ist eine Reduktion von 55 % bis 2030 im Vergleich zu 1990 – bis 2050 soll die EU schließlich komplett klimaneutral werden. Im Rahmen des Pakets werden auch die Regelungen zum CO2-Emmissionshandel ausgeweitet und verschärft. In der Novelle der EU ETS-RL 2003/87 EG durch RL 2023/959 wird die Einführung eines „ETS 2“ für Gebäude, Verkehr und sonstige (fossile) Energieverbräuche in Form eines neuen „Handelssystem“ ab 2027 vorgeschrieben.

Timeline und Umsetzung in Österreich
Die Umsetzung in Österreich erfolgt in der EZG Novelle BGBl I Nr. 196/2023 – insb. 8. Abschnitt kundgemacht am 31.12.2023. Die zuständige nationale Behörde für den Vollzug des ETS-2 wird das Amt für nationalen Emissionshandel (angesiedelt im Zollamt Österreich) sein. Das europäischen ETS II-System wird das nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022) ablösen.

•    bis 1.1.2025: Genehmigung zur Durchführung der Tätigkeit 
•    bis 30.4.2025: Berichterstattung der Emissionen für 2024
•    ab 1.1.2025: Überwachung der Emissionen (Prüfung)
•    ab 1.1.2026: Jährliche Emissionsmeldungen über die Emissionen des Vorjahres bis jeweils 30.4. des Folgejahres 
•    ab 1.1.2028: Abgabe von Emissionszertifikaten jeweils bis zum 31.5. des Folgejahres (erstmals sind daher für das Kalenderjahr ab 1.1.2027 Emissionszertifikate abzugeben)

Schrittweise Reduktion verfügbarer CO2-Zertifikate
Mit dieser Erweiterung des Emissionshandels werden ca. 85 % aller CO2-Emissionen in der EU Zertifikate benötigen, während gleichzeitig die Anzahl verfügbarer Zertifikate schrittweise reduziert wird. Der Zielpfad startet im Jahr 2024 und wird 2025 bis 2027 jährlich um 5,1 % verringert. Die Zertifikatsabgabe startet mit 1. Jänner 2027, die Zertifikate werden versteigert. Ab 2028 soll der lineare Zielpfad neu kalibriert und der jährliche Kürzungsfaktor auf 5,38 % angehoben werden.

Damit die Preisanstiege im Zuge des Emissionshandels für Konsument*innen und Haushalte nicht zu hoch ausfallen, wurden Sonderregelungen getroffen, um bei Bedarf kurzfristig Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve auf den Markt zu bringen.

Einnahmen fließen in Klima-Sozialfonds 
Die Einnahmen aus dem EU-ETS 2 sollen in den neu geschaffenen Klima-Sozialfonds  fließen. Diesem sollen zusätzlich bereits 2026 Einnahmen aus der Versteigerung von 50 Mio. EU-ETS 1-Emissionszertifikaten zugeführt werden, um Möglichkeiten für sozialen Ausgleich zu schaffen. Insgesamt sind für den Klima-Sozialfonds Einnahmen in Höhe von max. 65 Mrd. EUR vorgesehen. Mit den restlichen Einnahmen durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten sollen klima- und sozialrelevante Vorhaben in den EU-Mitgliedsstaaten finanziert werden.

Die Einführung des EU-ETS 2 markiert einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft. Inwieweit damit die festgelegten Zielsetzungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen eingehalten werden können, bleibt jedoch fraglich. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass die Auswirkungen des Fit-for-55-Pakets schwer abschätzbar sind und möglicherweise weitere Maßnahmen erforderlich sind, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.1

Pahle, M., Quemin, S., Osorio, S., Günther, C., & Pietzcker, R. (2023). The emerging endgame: the EU ETS on the road towards climate neutrality. Available at SSRN 4707860.